Prozessbegleitung am 22.01.2014: Kreuzberger Mieterin erfolgreich!

„Es ist also keiner von Ihnen überrascht, wenn wir am Ende die Klage abweisen werden?“, schloss die verantwortliche Richterin heute die Berufungsverhandlung gegen eine Mieterin der Reichenberger Straße 72 a. Schon da war allen klar, die mit Frau A. gemeinsam zum Prozess gekommen waren, dass der Vermieter sich zumindest heute mit seinem Plan verhoben hatte, sie und ihren Sohn aus dem seit 40 Jahren liebgewonnenen Kiez und der 20 Jahre liebgewonnenen Wohnung in die drohende Obdachlosigkeit zu verdrängen.

Frau A. war 2012 fristlos und fristgerecht gekündigt nachdem mehr als 2 Monatsmieten offen waren. Grund dafür waren Überweisungsschwierigkeiten zwischen dem Jobcenter, der Bank und dem Vermieter. Dass die Mieterin Frau A. die ausstehenden Mietschulden ausglich, reichte dem Vermieter nicht, er klagte auf Räumung. Auch durch solidarische Nachbar*innen und den gemeinsamen Willen, diesem Fall von Verdrängung und drohender Zwangsräumung eine politische Öffentlichkeit zu geben, fasste A. den Mut, die Sache auszufechten.

Schließlich würde nach Aussage der verantwortlichen Richterin das Klagekonstrukt des Eigentümers an den formalen Anforderungen an ein Kündigungsschreiben zerschellen. Sie erklärte die Kündigung daher für voraussichtlich unwirksam. Man könne von einem Vermieter verlangen, dass er seine Anschreiben am Ende nochmal durchliest. Bemerkenswerterweise zeigte sich die Juristin verständnislos angesichts des eigentümerfreundlichen Mietrechts, das sie auf Frau A. anwenden musste: Ihr und vielen ihrer Richterkolleg*innen sei unklar, warum zwar eine fristlose Kündigung durch Nachzahlen der ausstehenden Mietschulden abwehrbar sei, nicht aber eine fristgemäße, bei der die Mieter drei Monate Zeit zum Ausziehen haben. Da sei deshalb nach ihren Worten dringend politischer Druck nötig.

Aus unserer Sicht sind wieder zwei Dinge klar geworden: Prozessbegleitung wirkt! Denn im gemeinsamen Kampf mit benachbarten Mieter*innen wird die eigene verzweifelte Situation weniger als Ergebnis eines persönlichen Versagens gedeutet, sondern als Ergebnis von Aufwertung des Kiezes und Verdrängung seiner Bewohner*innen erkannt.

Der Eigentümer der Reichenberger Str. 72a braucht sich indes keine Hoffnungen machen, mit seinen Aufwertungs- und Verdrängungsplänen in Ruhe gelassen zu werden. Wir werden die Situation weiterhin genau beobachten und auch in Zukunft jeden Versuch, Frau A. rauszuwerfen, ans Licht der Öffentlichkeit zerren.

Niemand muss allein zum Gericht!
Zwangsräumungen Verhindern!