Monatsarchiv: November 2012

ZWANGSRÄUMUNG BLOCKIEREN!

Am Montag, den 22.10.2012, wurde in der Lausitzer Straße 8 die Zwangsräumung einer Familie durch eine Sitzblockade verhindert. Die Gerichtsvollzieherin musste unverrichteter Dinge wieder abziehen. Dies war die erste erfolgreiche Verhinderung einer Zwangsräumung in Berlin.

Auch der zweite Räumungsversuch am 12. Dezember soll verhindert werden. Hierzu haben sich schon viele NachbarInnen, AktivistInnen, Gruppen, Vereine, KünstlerInnen und PolitikerInnen zu einer Blockade bereiterklärt. Sei auch du dabei! Weiterlesen

Neues Stopp-Schild und aktueller Flyer

Jetzt *ganz neu* gibt es auch eine türkische Übersetzung des Stoppschilds:

Auch neu gibt es einen aktuellen Flyer zum download (Rechtsklick -> Ziel speichern unter)

hier auch zum anschauen:
Flyer_Nov_12

Beides findet ihr im Bereich „Mobi-Material“

Verhinderte Zwangsräumung Lausitzer Str. 8 – neueste Entwicklungen

Pressemitteilung vom 15.11.2012:
Verhinderte Zwangsräumung Lausitzer Str. 8 – neueste Entwicklungen

1. Aufruf zur Blockade eines weiteren Räumungsversuches findet überwältigende Unterstützung bei Vereinen, Organisationen, Initiativen, Nachbarschaft, Politik, Kunst und Kultur
2. Familie Gülbol übergibt persönlich offenen Brief an den Eigentümer André Franell
3. Präsidentin des Kammergerichtes Berlin legitimiert indirekt die Verhinderung der Zwangsräumung

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1. Aufruf zur Blockade eines weiteren Räumungsversuches findet überwältigende Unterstützung bei Vereinen, Organisationen, Initiativen, Nachbarschaft, Politik, Kunst und Kultur

Das Bündnis Zwangsräumungen verhindern ruft mit einer „Solidaritätserklärung für die von Zwangsräumung bedrohte Familie in der Lausitzer Straße“ dazu auf, den Hausbesitzer André Franell aufzufordern, die Kündigung zurückzuziehen und, sollte es einen weiteren Räumungsversuch geben, an einer Sitzblockade vor dem Haus in der Lausitzer Str. 8, teilzunehmen.

Zu beidem erklärten sich bereits eine große Anzahl Unterstützer_innen wie z.B. die Frauen- und Mädchenabteilung Türkiyemspor Berlin e.V., der Kinder- und Jugendzirkus Cabuwazi, Blumenhaus Becker, Autor Raul Zelik, MdA Dirk Behrendt, Dota/Die Kleingeldprinzessin u.v.a bereit. Die komplette Solidaritätserklärung sowie eine Liste der Unterstützer_innen finden Sie hier. Desweiteren ist bereits jetzt eine große und ständig wachsende Zahl Nachbar_innen und Aktivist_innen über eine SMS-Telefonkette für den Tag der Räumung mobilisierbar.

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2. Familie Gülbol übergibt persönlich offenen Brief an den Eigentümer André Franell

Familie Gülbol wird am heutigen Donnerstag, 15.11., ihrer Hausverwaltung einen von zahlreichen Nachbarinnen und Nachbarn aus dem Haus unterschriebenen offenen Brief an Eigentümer André Franell mit der Bitte um Rücknahme der Kündigung überreichen.

Das Bündnis Zwangsräumungen verhindern hatte dem Eigentümer bereits einen offenen Brief mit derselben Forderung geschrieben, in dem es darauf hinwies, dass sich die Zwangsräumung nicht mit der von André Franell initierten Stiftung für vertriebene Menschen in Vietnam verträgt.

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3. Präsidentin des Kammergerichtes Berlin legitimiert indirekt die Verhinderung der Zwangsräumung

Die Präsidentin des Kammergerichtes Berlin gab eine Pressemitteilung zur Zwangsräumung heraus. Dabei bezieht sie sich auf das breite Medienecho und legt detailliert alle Gerichtsurteile zum Fall dar. Vor dem Hintergrund der sich ausweitendenten Mieter_innenkämpfe in Berlin und deren breiter Unterstützung im allgemeinen und im speziellen Falle der verhinderten Zwangsräumung ist dies als Legitimationskrise der Rechtssprechung zu werten. Nach Jahren vorgenommener Veränderungen der rechtlichen Grundlagen zugunsten von Eigentümern und Vermietern liegen Recht und gefühlte Gerechtigkeit so weit auseinander, dass viele Menschen die Verhinderung einer Zwangsräumung als moralisch legitimierten Akt zivilen Ungehorsams ansehen.

Der Baurechtsanwalt Klaus-Martin Groth zum Verhalten des Eigentümers: „Das ist moralisch verwerflich, aber durch die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes (BGH) formal gedeckt.“ (Berliner Zeitung v. 24.10.2012).

Das sehen viele Menschen genauso und sind auch deshalb bereit zum „Widerstand gegen die kapitalistische Verwertung der Stadt und zu einer solidarischen Verteidigung ihrer Interessen und der ihrer Nachbarinnen und Nachbarn,“ so Sara Walther vom Bündnis gegen Zwangsräumung „und werden so auch den nächsten Räumungsversuch verhindern.“

Mit freundliche Grüßen
Bündnis Zwangsräumungen verhindern

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Solidaritätserklärung für die von Zwangsräumung bedrohte Familie in der Lausitzer Straße
Unterstützer_innenliste der Solidaritätserklärung

Offener Brief an Eigentümer André Franell

Nach der erfolgreich verhinderten Zwangsräumung am Montag, den 22.10.2012 schreibt die Unterstützer_innengruppe gegen Zwangsräumungen einen offenen Brief an den Eigentümer der Lausitzer Str. 8, André Franell.

In dem Brief äußert die Unterstützer_innengruppe ihr Unverständnis über die harte Haltung Franells in der Sache der Zwangsräumung, da er eine Stiftung unterhält (http://franell-stiftung.de), die u.a. Menschen helfen will, die „… einfach aus Ihren Häusern vertrieben worden (sind)“.

Sie fordert den Eigentümer auf, eine weitere Eskalation des Konfliktes zu verhindern indem er die Kündigung zurücknimmt, da auch ein weiterer Räumungsversuch angesichts der überwältigenden Solidarität der Nachbarschaft sowie unzähliger Mieterinitiativen in der ganzen Stadt erfolglos bleiben wird.

Folgend der offene Brief im Wortlaut:

Offener Brief vom 8. November 2012

Franell Consulting GmbH
z. Hd. Herr André Franell
Emser Str. 9
10719 Berlin

Sehr geehrter Herr Franell,

die Franell Consulting GmbH ist Eigentümerin des Hauses Lausitzer Straße 8 in 10999 Berlin. In diesem Haus wohnt die Familie Gülbol mit ihren drei Kindern. Sie haben dieser gekündigt, nachdem die Familie einen Prozeß wegen Mieterhöhung verloren hatte. Die Kündigung erfolgte wegen einer Fristverletzung, die ausstehende Mieterhöhung ist längst beglichen.

Sie betreiben eine Stiftung mit dem Anspruch „Damit es allen Menschen auf unserer Welt besser geht, helfen wir ein kleines Stück mit und hoffen, dass wir unsere Aktivitäten in den nächsten Jahren ausweiten können…“. Mit dieser Stiftung wollen Sie u.a. Menschen helfen, die „… einfach aus Ihren Häusern vertrieben worden (sind)“. Dies erscheint uns mit ihrem Vorgehen in der Lausitzer Straße schwer vereinbar zu sein.

Wie Ihnen sicher wegen des großen Medienechos bekannt ist, ist die Zwangsräumung der Familie Gülbol am Montag, dem 22.10.2012, am Widerstand der Nachbarinnen und Nachbarn gescheitert. Die überwältigende Solidarität der Nachbarschaft sowie unzähliger Mieterinitiativen in der ganzen Stadt lässt vermuten, dass auch ein weiterer Räumungsversuch erfolglos bleiben wird.

Es liegt in Ihrer Hand eine weitere Eskalation des Konfliktes zu verhindern und wir hoffen, dass Sie Ihrem Stiftungsgedanken nicht zu wider handeln werden.
Deshalb bitten wir Sie, die fristlose Kündigung rückgängig zu machen und der Familie Gülbol einen Verbleib in der Wohnung zu ermöglichen.

In Erwartung einer baldigen Antwort verbleiben wir mit freundlichen Grüßen
Bündnis Zwangsräumung verhindern

Solidaritätserklärung unterzeichnen!

Bitte unterzeichnet untenstehende Solidaritätserklärung und tragt euch in den SMS-Verteiler ein. Schickt sie weiter an Freund_innen, Bekannte, Organisationen, Vereine, den Kiezladen um die Ecke, öffentliche Personen…

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Solidaritätserklärung für die von Zwangsräumung bedrohte Familie in der Lausitzer Straße

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir vom Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ möchten Sie fragen, ob Sie zur öffentlichen Unterstützung einer Familie aus dem Reichenberger Kiez bereit wären. Wir bitten Sie um die Unterschrift unter folgende Solidaritätserklärung:

Am 22.10.2012 wurde in der Lausitzer Straße 8 in Berlin-Kreuzberg die Zwangsräumung der 5-köpfigen Familie Gülbol aktiv verhindert. Mehr als 150 Nachbar*innen, Freund*innen der Familie und Miet-Aktivist*innen verwehrten mit Sitzblockaden der Gerichtsvollzieherin Susok den Zutritt zur Wohnung. Frau Susok kündigte an, dass es einen neuen Termin geben werde.
Der Räumungsversuch geschah vor dem Hintergrund von rasant steigenden Mieten in ganz Kreuzberg und Berlin. Immer mehr Menschen werden aus ihrem Wohn- und Lebensumfeld verdrängt. Die Gülbols sind nicht die einzigen Betroffenen dieser politisch gewollten Entwicklung. Die Familie ist jedoch eine der ersten, die sich aktiv und öffentlichkeitswirksam gegen die Räumung wehrt. Sie haben angekündigt, weiter in ihrer Wohnung zu bleiben. Ich erkläre mich mit ihnen solidarisch und unterstütze sie in ihrer Entscheidung.

– Ich fordere den Hausbesitzer André Franell auf, die Kündigung der Familie Gülbol, die seit 16 Jahren in dem Haus wohnt, zurückzuziehen.
– Ich erkläre hiermit, mich an einer Sitzblockade vor dem Haus der Familie zu beteiligen, sollte es einen weiteren Räumungsversuch geben. Die Gerichtsvollzieherin wird auch dann den Räumungstitel nicht vollstrecken können.

Bitte antworten Sie an: zwangsraeumungverhindern@riseup.net

Die öffentliche Erklärung von Unterstützerinnen und Unterstützern aus den Bereichen Vereine/Initiativen, Gewerbetreibende aus dem Stadtteil, Wissenschaftler*innen und Künstler*innen wird Anfang November der Presse übergeben.

Mit besten Grüßen,
Bündnis Zwangsräumungen verhindern

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Sie können sich anonym in unseren SMS-Verteiler eintragen, um schnellstmöglich über den nächsten Räumungstermin informiert zu werden. Dazu schreiben Sie bitte eine E-Mail mit Ihrer Handynummer an folgende E-Mailadresse: zwangsraeumungverhindern@riseup.net

Links:
http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de
http://www.berliner-kurier.de/kiez-stadt/nachbarn-verhindern-raeumung-nach-zwangsversteigerung-berlin,7169128,20694364.html
http://www.neues-deutschland.de/artikel/802130.zwangsraeumung-blockiert.html
http://www.berliner-zeitung.de/berlin/kreuzberg-wachsender-protest-gegen-zwangsraeumungen,10809148,20702080.html

Solidarität aus Spanien

Die spanische Bewegung „Zwangsräumungen stoppen“ (stop desahucios / Plataforma de Afectados por la Hipoteca – PAH) gratuliert zur erfolgreichen Verhinderung der Zwangsräumung in der Lausitzer Str. am Montag, den 22.10.2012, und sendet internationalistische Grüße:

„Die Compañer@s in Deutschland haben sich die herangehensweise der PAH zu eigen gemacht um diese Zwangsräumung zu verhindern. Von hier aus senden wir ihnen all unsere Hilfe, Kraft und Solidarität. Wir möchten unseren Wunsch nach einer weiteren, engen Zusammenarbeit bei zukünftigen Aktionen ausdrücken. Entgegen einem Europa der Austeritätspolitik, der Troika und der Rettung der Finanzstrukturen werden wir ein Europa von unten aufbauen, solidarisch und in dem die Menschen an erster stelle stehen.“

Dem brauchen wir wohl nichts hinzuzufügen. Hintergrundinformationen im Artikel „Breiter Widerstand gegen Zwangsräumungen in Spanien“ (ak / Nr. 571 / 20.4.2012 ):

„Die Erfahrung von Solidarität und der Erfolg einer verhinderten Räumung führen dazu, dass viele weiter aktiv bleiben. Der erste Schritt ist oft die Einsicht, mit der eigenen Situation nicht alleine zu sein. Durch die Bewegung konnte der herrschende Diskurs verändert werden: Räumungen werden nicht mehr als selbstverschuldet wahrgenommen,…“