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Wenn Bullen mit Kanonen auf Spatzen schießen…

Wer schon immer mal wissen wollte wie der Polizeiapparat rackert wenn Linke wegen einer Zwangsräumung einen 10 minütigen Hausbesuch bei einer Immobilienfirma machen und dann wieder gehen, ist hier genau richtig.

Wenn Bullen mit Kanonen auf Spatzen schießen oder wie die politische Polizei ihrer Aufgabe des Schutzes der bestehenden Eigentumsverhältnisse mit Hingabe und Fleiß nachkommt.

Einleitung

Was für den aussenstehenden Betrachter als absurdes Theaterstück daher kommt ist bei näherem hinsehen nur folgerichtig. Für die politische Polizei steht der Feind links, was auch völlig richtig ist, denn weder Rechte noch Islamisten, für die der Staatsschutz auch zuständig ist, sind eine Gefahr für den Kapitalismus. Das wollen sie auch gar nicht sein, denn für sie ist nicht die Ausbeutung des Menschen durch den Menschen das Problem, sie wollen nur schlicht und einfach zu den Ausbeutern zählen.

Besetzungsliste

Beginnen wir mit der Besetzungsliste, es treten auf in der Folge ihres Erscheinens:

1. Eine vierköpfige Familie, die wegen mehrmaliger aber stets bezahlter Mietrückstände im April 2017 zwangsgeräumt werden soll. In einer kapitalistisch organisierten Stadt ist das Normalität. Wer würde sonst auch Immobilienbesitzer*innen immer höhere Mieten in den Rachen werfen ohne diese ultimative Drohung mit Hilfe der Staatsgewalt aus der Wohnung zu fliegen?

2. Das Bündnis Zwangsräumung verhindern, das mit von Zwangsräumung Betroffenen mit verschiedensten Aktionsformen gegen deren Zwangsräumung kämpft. Auch normal, da der Kapitalismus anscheinend auch immer den Widerstand gegen seine Barbarei hervorbringt.

3. Unterstützer*innen eben jenes Bündnisses. Erfreulich, das Solidarität anscheinend trotz aller Individualisierung auch noch normal ist.

4. Ein eingeladener Pressefotograf mit über 30jähriger Berufspraxis, der aber von Polizei, Staatsanwältin und Richterin nicht als Pressefotograf anerkannt wird – ob das normal ist?

5. Einige Angestellte der Immobilienbude Ordrupal. Ganz normal: überzeugt, dass es richtig ist Familien aus ihrer Wohnung zu schmeissen, loyal gegenüber der kapitalistisch organisierten Stadt und ihrem Chef, aggressiv, untertänig und ängstlich.

6. Polizeibeamt*innen mit ohne Uniform. Vom Polizeiabschnitt 53, der Dir E 3.BPA 35.EHu 3.Zug, vom LKA 6 (Aufklärung/Operative Dienste), dem LKA 5 (Polizeilicher Staatsschutz), Spur- und Sacherfasser, KKs, KK’innen und KOK’ins. Normal, hier wird aus dem vollen geschöpft.

7. Staatsanwältin und Richterin, normal.

1. Akt: Der Plan

Einige Tage vor der angedrohten Zwangsräumung kam eine vierköpfige Familie zum Bündnis als letztem Rettungsanker vor dem Verlust der Wohnung. Die Strategie war schnell klar, Öffentlichkeit und ein Besuch der Eigentümerfirma Ordrupal. Da diese auch mit ihrer sozialen Ader mit den Logos der Arche und der Berliner Tafel auf ihrer Website wirbt, wurden auch diese beiden Institutionen angesprochen. Allerdings vergeblich, da es laut Arche nie eine Vereinbarung mit Ordrupal gab. Die Verwendung des Logos also nicht autorisiert ist.

2. Akt: Der Besuch

Nicht zum ersten mal besuchten Bündnis und Unterstützer*innen eine Hausverwaltung. Meist wird der Chef verlangt, ein Brief verlesen, die Rücknahme der Zwangsräumung gefordert, diskutiert, Parolen gerufen und wieder gegangen. Manchmal wird die Zwangsräumung zurückgenommenen, manchmal nicht, seltener die Polizei gerufen. Diesmal hatten wir: Chef nicht da, cholerischer Vertreter, Brief verlesen und da gelassen, Parolen gerufen, gegenseitig angeschrien und Polizei geholt. Da die ganze Aktion aber nur 10 Minuten dauerte kam die zu spät. Aber nicht zu spät um Bündnis und Unterstützer*innen einen Kilometer zu verfolgen, Verstärkung zu holen und beim Nachgespräch in einem Hof einzukesseln und eine 1-stündige Personalienfeststellung vorzunehmen.

3. Akt: Die Polizei-Maschine kommt ins Rollen…

Der Ordrupal-Stellvertreterchef stellte Strafanzeige wegen Hausfriedensbruch und eine Nachfrage der Polizist*innen beim LKA 6 (Aufklärung/Operative Dienste) ergab die Einschätzung der „szenekundigen Beamten“ hier handelt es sich um „Politisch motivierte Kriminalität – links“ und damit der Domäne des LKA 5 (Polizeilicher Staatsschutz). Und der handelt, zumindest bei „Politisch motivierter Kriminalität – links“, unverzüglich. So wurde der Termin der Zwangsräumung sofort weitergegeben um dort Protest zu unterbinden. Tatsächlich waren einige Tage später am Räumungstag auch mehrere Polizeibusse aufgefahren. Die Familie wollte aber gar keinen Protest, sie hatte noch einen juristischen Trumpf in der Hinterhand.

Schon am folgenden Tag werden die Mitarbeiter*innen von Ordrupal als Zeug*innen vernommen, zuvorkommenderweise in deren Firmensitz. Personenbeschreibungen werden aufgenommen, das Handyvideo einer Mitarbeiterin gesichtet, Spuren (Der Brief! Das Kuvert!) gesichert und die Suche nach Rädelsführer*innen beginnt. Das gestaltet sich anfangs schwierig, da laut der Zeugenaussage einer Mitarbeiterin „…die Gruppe fast eine Choreografie hatte, jeder hat dem anderen „Redefreiheit“ eingeräumt,…“ Das Problem wird später einfach dadurch gelöst, dass alle, die redeten einen Strafbefehl wegen Hausfriedensbruch bekommen. Der Pressefotograf hat nicht geredet aber seine Kamera war wohl auch einen Strafbefehl wert, sein Presseausweis war dagegen nichts wert.

Der Tag war aber für die ambitionierten Beamten des LKA 5 noch lange nicht vorbei. Jetzt wurde der Weg zwischen Immobilienbude und Personalienfeststellung nach öffentlichen Videokameras abgesucht. Gefunden wurden zwei, wobei die einer Tankstelle den Gehweg nicht filmte, die andere aber die Gruppe beim Hin- und Rückweg zu Ordrupal, wenn auch in schlechter Auflösung. Aber der Tag war immer noch nicht vorbei. Auf dem Brief des Bündnisses stand ja auch eine Postadresse und die war ganz in der Nähe. Und erstaunlicherweise war es ein „bekanntes Szeneobjekt“ aber „eine direkte Annäherung/Betreten des Objektes war aus ermittlungstaktischen Gründen nicht möglich.“

4. Akt: …und nimmt Fahrt auf…

In den folgenden Wochen und Monaten wird fleissig weiter geackert. Fotos vom Einwohnermeldeamt werden mit ähnlichen Fotos als Vorlagen zusammengestellt und den Zeugen vorgelegt, Videostills ausgedruckt und Personen identifiziert. Der sichergestellte Brief ist durch zu viele Hände gegangen, Fingerabdruck und DNA deswegen nicht mehr eindeutig zuordenbar. Die Website des Bündnisses und Veröffentlichungen auf linksunten.indymedia.org werden ausgedruckt und ausgewertet. Heraus kommt dabei, dass das Bündnis Go-Ins und Blockaden als legitime Mittel ansieht – Achtung Straftat! Weiter wird festgestellt, dass durch Telefonaktionen „der normale Geschäftsverkehr nur sehr eingeschränkt durchgeführt werden kann“ und aus der simplen Tatsache sich vor einer Aktion zu treffen wird „der hohe Organisationscharakter der Gruppierung“.

Wozu der ganze Aufwand? Die Ermittlungsrichterin soll Durchsuchungsbeschlüsse erstellen! Für die Wohn-, Geschäfts- und Nebenräume der Beschuldigten sowie der Räumlichkeiten des Bündnisses im „bekannten Szeneobjekt“. Es sollen insbesondere Beweismittel wie Unterlagen, Computer, Handys, Drucker, Kameras und Tatbekleidung sichergestellt werden, die „Aufschluss über die Planung und Organisation der Tat geben“.

5. Akt: …um ungebremst gegen die Wand zu fahren

Das war der Ermittlungsrichterin dann doch zu dicke angesichts eines 10 minütigen Besuches bei einer Immobilienfirma. Aber einen Hausfriedensbruch konnte sie sich dann doch nicht verkneifen. Gegen 16 Leute wurde ermittelt und sie wurden aufgefordert sich zum Vorwurf Hausfriedensbruch zu äussern. Hat keiner gemacht und 11 Verfahren wurden eingestellt. 5 Leute, inklusive des Pressefotografen, bekamen einen, für Hausfriedensbruch, happigen Strafbefehl über 750 Euro, der gegen eine Zahlung von 200 Euro eingestellt wurde. Alle zahlten, die Kosten trägt die Soli-Kasse.

Was lernen wir daraus?

Das LKA 5 ist unterbeschäftigt und schießt gerne mit Kanonen, um mehr über linke Strukturen zu erfahren – geschenkt, das ist ihr Job. Und auch wenn den Spatzen Planung und Organisation bescheinigt wird, können sie da noch einiges verbessern. Darüber hinaus halten es die Spatzen mit Bertolt Brecht:

Resolution der Kommunarden

In Erwägung unsrer Schwäche machtet
Ihr Gesetze, die uns knechten soll’n.
Die Gesetze seien künftig nicht beachtet
In Erwägung, daß wir nicht mehr Knecht sein woll’n.

Refrain:
In Erwägung, daß ihr uns dann eben
Mit Gewehren und Kanonen droht
Haben wir beschlossen, nunmehr schlechtes Leben
Mehr zu fürchten als den Tod.

In Erwägung, daß wir hungrig bleiben
Wenn wir dulden, daß ihr uns bestehlt
Wollen wir mal feststelln, daß nur Fensterscheiben
Uns vom guten Brote trennen, das uns fehlt.

In Erwägung, daß da Häuser stehen
Während ihr uns ohne Bleibe laßt
Haben wir beschlossen, jetzt dort einzuziehen
Weil es uns in unsern Löchern nicht mehr paßt

In Erwägung, daß wir der Regierung
Was sie immer auch verspricht, nicht traun
Haben wir beschlossen, unter eigner Führung
Uns nunmehr ein gutes Leben aufzubaun.

In Erwägung: ihr hört auf Kanonen –
Andre Sprache könnt ihr nicht verstehn –
Müssen wir dann eben, ja, das wird sich lohnen
Die Kanonen auf euch drehn!

Text: Bertolt Brecht
Musik: Hanns Eisler

* * * * * * * * * * * * * * * * * * * * *
Noch mehr Kunst gibt es hier:

Die Schlüsselkinder präsentieren:

Einmal in der Woche schreien…
eine szenische AntiRepLesung mit Instrumenten

Die Schlüsselkinder Clara, Anna, Mascha und Sascha wollen einfach nur glücklich sein, tummeln sich gern auf der Straße herum, sind offen für die Ungerechtigkeit der Welt (da gibt es ja so viel davon) und greifen auch gern mal ein – aber dann kommt die Gefahr von unverhoffter Seite – das LKA hat sich eingeschaltet…

Premiere
Sa. // 16.6.2018 // 20.00 Uhr // Meuterei
Reichenbergerstr. 58 // Berlin-Kreuzberg

Aufführung
Fr. // 31.08.2018 // 19.00 Uhr
Reichenberger Kiezfest, Reichenbergerstrasse (zw. Ohlauer u. Lausitzer) // Berlin-Kreuzberg

Idee: LKA 532 // Buch/Regie/Dramaturgie/Maske/Catering/Ton/Marshedising/Scriptgirl: kollektiv

Bericht Go-In bei Immofirma Ordrupal und Aufruf zur Telefonaktion

UPDATE: Auch nach dem Go-In und der Telefonaktion zeigte die Ordrupal kein Entgegenkommen und bestand auf Zwangsräumung. Zudem wurde bekannt, dass die Ordrupal sich ohne Wissen der „Arche – Christliches Kinder- und Jugendwerk e.V.“ mit deren Logo schmückt um sich ein soziales Mäntelchen umzuhängen. Die Familie R. wollte am Tag der Zwangsräumung Ende April keinen Protest, trotzdem war die Polizei mit 10 Wannen im Einsatz. Aufgrund eines juristischen Fehlers konnte die Gerichtsvollzieherin die Zwangsräumung nicht durchführen. Die Familie hat eine individuelle Lösung gefunden und den Unterstützer*innen bleibt noch die Antirepressionsarbeit.

Berliner Polizei erkennt: Zwangsräumung beginnt hier.

Keine Räumung. Schon gar nicht vor dem 1. Mai

Am Donnerstag, den 20.4., besuchten Aktivist*innen und Nachbar*innen das Immobilienunternehmen Ordrupdal GmbH, Oranienstraße 100 in 10969 Berlin, einer der vielen Akteur*innen der massiven Verdrängung, die in Berlin stattfindet. Die Ordrupal will eine 4-köpfige Familie räumen lassen. Die Ordrupal rief sofort die Polizei und ein Mitarbeiter war sehr aggressiv.

Auch wenn wir nicht alle der täglich 20 Zwangsräumungen in Berlin thematisieren können, so bleibt es weiter notwendig gegen diese durch die kapitalistische Eigentums- und Verwertungslogik produzierten systematischen Missstände laut zu sein und Widerstand zu organisieren. Widerstand der sich in Berlin zur zeit wider stärker regt, sei es nun am Samstag wenn die Rigaer und Friedel zum Trümmertango bitten, in der Lausitzerstraße 10 und an vielen anderen Orten. Ein Widerstand vor dem der Staat Angst hat. So auch am Donnerstag als Menschen nach einer bereits beendeten Aktion als Teilnehmer*innen verdächtigt wurden und unter fadenscheinigen Gründen über eine Stunde festgehalten und zur Personalienfeststellung gezwungen wurden. Dies hatte den offensichtlichen Zweck Menschen einzuschüchtern. Doch das wird nichts, wir werden weiter gegen die Verdrängung sich unkooperativ zeigender Eigentümer vorgehen.

Keine Räumung ist egal. Organisieren wir weiter den Widerstand in den Kiezen für eine soldiarische Nachbarschaft und die Stadt von unten für alle! Und überhaupt mal Eigentum an Wohnraum abschaffen, Berliner Linie auch!

Aufruf zur Telefonaktion

Am Montag, den 24.4.2017, wollen wir bei der Ordrupdal GmbH, Oranienstraße 100 in 10969 Berlin anrufen und ihnen sagen was wir von der Zwangsräumung einer 4-köpfigen Familie halten Die Nummer ist 030 88 927 290, anstelle der 0 am Ende könnt ihr auch verschiedene Durchwahlnummern probieren. Der Geschäftsführer heißt Christian Piil Andersen.

Ein 4-köpfige Familie soll vor dem 1. Mai zwangsgeräumt werden. Sie hat einen Vergleich geschlossen um ausstehende Mietschulden in Raten abzuzahlen, dies macht sie auch. Aber die Miete wurde 3 mal einige Tage zu spät gezahlt. Dies nimmt der Eigentümer zum Anlass zur Zwangsräumung. Wir wollen, dass die Zwangsräumung zurückgenommen wird!

Telefonaktionen hatten wir schon mehrmals gemacht. Einen Bericht zur letzten findet ihr hier.

Wie rufen wir an?

Freundlich und bestimmt. Ihr könnt euch einen anderen Namen geben und eure Rufnummer unterdrücken wenn ihr anonym bleiben wollt. Wir freuen uns auch wenn sich etwaige Journalist*innen und/oder “wichtige” Menschen beschweren.

Wütend ohne persönlich zu werden. Bitte bedenkt, die Person am Telefon ist meistens nicht für die Kündigung verantwortlich. Unser Ziel ist es Chaos zu stiften, die Leitungen lahm zu legen und nicht Mitarbeiter*innen zu beleidigen.

Sehr wahrscheinlich werden die Mitarbeiter*innen schnell auflegen, ruft dann einfach wieder an und wieder und wieder…

Was könnt ihr sagen?

Beispiel: Hallo mein Name ist XXX könnte ich den Geschäftsführer sprechen?
Ich habe von der Zwangsräumung einer 4-köpfigen Familie durch ihre Firma in der nächsten Woche erfahren. Ich bin empört und empfinde es als menschenverachtend einer Familie obdachlos zu machen. Auf ihrer Website werben Sie damit, dass sie die Arche und die Berliner Tafel unterstützen und rühmen sich damit: „Der Unternehmensgründer und alle Mitarbeiter sind sich ihrer sozialen Verantwortung bewusst.“ Dabei bleibt unverständlich, wie Sie das mit der Zwangsräumung einer Familie in die Obdachlosigkeit vereinbaren. Diese Frage werden ihnen sicher viele Menschen stellen.
Ich fordere sie auf, die Zwangsräumung zurückzunehmen!

Denkt euch gerne was eigenes aus!