Monatsarchiv: Oktober 2012

Stop Zwangsräumungen – Schild

vom Mietenstopp-Blog:

Die in Spa­ni­en bei Pro­tes­ten gegen Zwangs­räu­mun­gen üb­li­chen Stop-​Schil­der waren am Mon­tag auch in der Lau­sit­zer Stra­ße zu sehen: STOP Des­a­hu­ci­os! Jetzt gibt es zwei deutsch über­setz­te Ver­sio­nen davon, eine im Stil des spa­ni­schen Stopp­schilds, eines im Stil des deut­schen.

Stop Zwangsumzüge - Stoppschild spanisch        Stop Zwangsumzüge - Stoppschild deutsch
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In Spa­ni­en trägt das Schild zur Zeit Trau­er, nach­dem sich in Gra­na­da der 54-​jäh­ri­ge Mi­guel Ángel Do­min­go aus Ver­zweif­lung über seine be­vor­ste­hen­de Zwangs­räu­mung das Leben ge­nom­men hat.

Presse zur verhinderten Zwangsräumung

Hier eine Sammlung von Presseartikeln, die sich auf die verhinderte Zwangsräumung beziehen:

25. Oktober 2012
Jungle World: Ein zurückhaltendes Ja

24. Oktober 2012
Berliner Zeitung: Wachsender Protest gegen Zwangsräumungen
Junge Welt: Zwangsräumung gestoppt
Morgenpost: Nachbarn verteidigen Familie gegen Gerichtsvollzieher

23. Oktober 2012
Neues Deutschland: Zwangsräumung blockiert
Junge Welt: Erfolgreiche Sitzblockade gegen Zwangsräumung in Berlin-Kreuzberg
Berliner Zeitung: Protestaktion: Kreuzberger verhindern Zwangsräumung
Berliner Kurier: Nachbarn verhindern Zwangsräumung
taz: Zwangsräumung ausgesetzt: Gerichtsvollzieherin dreht um
Telepolis: Kein Durchkommen für Gerichtsvollzieherin, Telepolis
Tagesspiegel: Kreuzberg Zwangsräumung durch Nachbarn verhindert

Kundgebung gegen Zwangsräumung

Kundgebung gegen Zwangsräumung
Emser Straße 9, 10719 Berlin-Charlottenburg
Mittwoch, 24.10.2012, 16 Uhr

Nach der verhinderten Zwangsräumung in der Lausitzer Straße am Montag gilt es nun den Eigentümer Andre Franell zu überzeugen die Räumung ganz zurückzunehmen.

Zwangsräumung? Verhindert! Ein Geschichte über Verdrängung und Widerstand…


Pressemitteilung vom 23.10.12 zum Download

Interview mit Ali Gülbol

Heute morgen wurde in Berlin-Kreuzberg die Zwangsräumung einer Familie erfolgreich verhindert. Über 150 Leute blockierten Gerichtsvollzieherin und Anhang. Die Räumung wurde abgesagt und vorerst verschoben. Zu den Hintergründen der Zwangsräumung veröffentlicht die Unterstützer_innengruppe ein Interview mit Ali Gülbol, einem Mitglied der Familie.
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Zwangsräumung wurde gerade verhindert!

YippieYippieYeah – Gerichtsvollzieherin in die Spree! Zwangsräumung wurde gerade verhindert!

In Berlin-Kreuzberg, Lausitzerstr. 8, wurde die Zwangsräumung einer Familie durch ca. 200 Nachbar*innen, Freund*innen der Familie und (Miet-)Aktivist*innen verhindert.
O-ton Gerichtsvollzieherin: die Räumung wurde vorerst eingestellt wg „massiver Ausschreitungen“ 😉 Die gabs nur in ihrer Fantasie, was es aber gab waren viele, viele Leute, die sehr, sehr laut waren!

Heute Abend 19 Uhr, Spreewaldplatz, Kreuzberg, wird die Verhinderung der Zwangsräumung mit einer großen Demo gefeiert.

*english version below*
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Verhinderung einer Zwangsräumung in Kreuzberg

Pressemitteilung vom 22.10.2012
Verhinderung einer Zwangsräumung in Kreuzberg

Gerade in diesem Moment (22.10., 9 Uhr) wird in der Lausitzer Straße 8 in
Berlin-Kreuzberg die Zwangsräumung einer 5-köpfigen Familie aktiv
verhindert. Mehr als 150 Nachbar*innen, Freund*innen der Familie und
(Miet-)Aktivist*innen verwehren mit Sitzblockaden der
Gerichtsvollzieherin (sowie der Polizei) den Zutritt zur Wohnung. Die
Familie, seit nunmehr 16 Jahren wohnhaft in dieser Wohnung, hatte sich
juristisch gegen die Zwangsräumung gewehrt. Sie ist fest entschlossen zu
bleiben und rechnet auch weiterhin mit Unterstützung aus der
Nachbarschaft. Familienvater Ali: „Wir wollen ein Zeichen setzen, dass
sich Betroffene von Räumungen wehren, damit die Leute nicht mehr unbemerkt
aus ihren Wohnungen geschoben werden. Wir lassen das nicht mehr mit uns
machen!“

Die heutige Verhinderung der Räumung ist ein Zeichen praktischer
Solidarität mit von Verdrängung bedrohten MieterInnen in Berlin. Seit
Jahren steigen in der Stadt die Mieten immer rasanter. Die Wohnungsnot
spielt Vermietern wie Andre Franell in die Hände: Er lässt die
Bewohner*innen seiner Häuser räumen, weil er auf höhere Mieten bei
Neuvermietung spekuliert. Franell gibt sich das Image des sozialen
Wohltäters und betreibt eine gemeinnützige Stiftung, die
zwangsumgesiedelten Menschen in Thailand hilft. Als Immobilienbesitzer
zeigt er seine andere Seite und verlangt von seinen MieterInnen
Mieterhöhungen und droht mit Räumungsklagen.

Die drohende Zwangsräumung steht in einer Reihe mit vielen ähnlichen
Fällen, die unbekannt bleiben. Inzwischen gibt es aber auch organisierten
Widerstand: Am Kottbusser Tor protestieren seit Monaten Mieter*innen gegen
ihre drohende Vertreibung an den Stadtrand. Am Maybachufer in Neukölln
wehrt sich die schwerbehinderte Mieterin Nuriye Cengiz gegen ihre
Entmietung und Zwangsräumung. Immer mehr Menschen sind von Zwangsräumungen
betroffen, auch wenn sie sich an den legalen rechtlichen Weg halten, wie
die betroffene Familie.

Journalist*innen sind eingeladen, sich vor Ort ein Bild von der Situation
zu machen. Weitere Informationen über den Pressekontakt

Hintergrund
Grund für die Zwangsräumung ist ein Streit um eine Mieterhöhung. Die
Familie hatte eine vom Gericht verfügte Nachzahlung über die erhöhte Miete
zwei Monate zu spät beglichen. Obwohl der Vermieter bereits im Januar 2011
die volle Summe erhalten hat, hält er weiter an der Kündigung fest. Nun
hat der Bundesgerichtshof dem Vermieter Recht gegeben

Die Kosten der Unterkunft sind rechtswidrig

In nächster Zeit werden sich Zwangsräumungen wegen Mieterhöhungen nach Mietspiegel häufen, denn das Jobcenter übernimmt diese nicht. Die aktuelle Ausführungsvorschr5ift „Wohnen“ hat die Miethöhen “freihändig“ festgelegt und sich nicht nach dem Bundesgesetz gerichtet.

Das Bundesgesetz sah vor, dass die Anzahl der tatsächlichen Aufforderungen zur „Senkung der Kosten der Unterkunft“ den frei verfügbaren Wohnungen in „einfacher Wohnlage“ gegenüber-gestellt werden. Wenn diese Wohnungen nicht ausreichen, so der Gesetzgeber, sollte die „mittlere Wohnlage“ für die Berechnung hinzugezogen werden. Bei den frei verfügbaren Wohnungen ging es um die tatsächlich angebotenen Wohnungen. Hintergrund ist die Frage, wo findet ein hartz4-Empfänger eine Wohnung, wenn er aufgefordert wird, die Kosten seine Unterkunft zu senken? Denn, auch das sieht das Gesetz vor, keiner soll in die Obdachlosigkeit gedrängt. Darum sollen die Kosten für die tatsächlich zur Verfügung stehenden Wohnungen in einfacher und ggf. auch mittlerer Wohnlage übernommen werden. Darüber hinaus soll sich der Umzug „wirtschaftlich“ gestalten, so der Gesetzesgeber, d.h. Wenn die Miete höher ist, soll die Bestandsmiete weiter gezahlt werden.

Berlin macht nichts von allem und legte hingegen die KdU am durchschnittlichen Wert im Mietspiegel bei einfacher Wohnlage „freihändig“ fest. In der Praxis bedeutet das: es gibt keine Wohnungen zu den KdU; schlimmer noch: in einfacher Lage gibt es in Berlin 75 Tausend Wohnungen, nicht alle Wohnungen werden von hartz4 – MieterInnen bewohnt, lass es 20 oder 30 Tausend MieterInnen sein, so bleiben ca. 300 Tausend Bedarfsgemeinschaften, die demnächst eine Mieterhöhung auf der Grundlage der Mietspiegels nach MHG bekommen, und diese Mieterhöhung wird dann nach den z.Z. geltenden Richtlinien für die KdU nicht übernommen. Bei Neuvermietung kosten auch die Wohnungen in einfacher Wohnlage mehr, als im Mietspiegel angegeben wird.

Damit unterläuft Berlin nicht nur das Bundesgesetz, sondern verschärft noch einmal dramatisch den Druck auf die MieterInnen aus ihren bestehenden Wohnungen und Kiezen vertrieben zu werden und nicht zu wissen, wohin. Man kann nicht auffordern, die Kosten zu senken und gleichzeitig wissen, dass es gar keine Wohnungen zu den Sätzen von Hartz4 mehr gibt.

Ein aktuelles Urteil aus Mainz hat darüber hinaus gerade zur „Angemessenheit“ ein klares Wort gesprochen. Nach diesem Urteil ist ‚Angemessen‘ in Bezug auf die KdU, das was es kostet, solange die Miete nicht überteuert ist.
Für Berlin heißt das Urteil, Bestandsmieten sind angemessen, solange die KdU nicht an den tatsächlichen Mieten bei Neuvermietung in einfacher und mittlerer Wohnlage orientiert ist.

Wir fordern darum

+ den sofortigen STOPP der Aufforderungen zur „Senkung der Kosten der Unterkunft
+ die Übernahme der tatsächlichen Miete, auch bei Mieterhöhungen nach MHG
+ die Neuberechnung der KdU auf der Grundlage des Bundesgesetzes

Wir bieten

+ Solidarität bei Zwangsräumungen
+ Unterstützung bei der Besetzung leer stehender Häuser
+ Vernetzung der um ihren Erhalt kämpfenden Häuser und Kieze
+ Aneignung von Freiflächen und städtischen Brachen
+ Gesprächsbereitschaft, auch wenn die Polizei schon anrückt
+ Unterstützung in der fachlichen Kompetenz bei der Neuberechnung der KdU
+ Übernahme der Verantwortung für die Entwicklung Berlins zu einer solidarischen Stadt

Wie bildet sich eigentlich ein UnterstützerInnenkreis?

Du bist nicht allein!
N. hatte alles versucht und war dann doch gescheitert. In ihrer verzweifelten Situation machte sie Zettel an ihre Fenster, auf denen sie mitteilte, dass sie ihre Wohnung nicht freiwillig verlassen werde. Nein, sie wusste nicht wohin. Ihr Kiez ist ihr zu hause. Aber hier konnte sie sich keine Wohnung mehr leisten. Und auch ihr Vermieter wollte ihre Wohnung teuer als Eigentumswohnung verkaufen. Ginge es nach ihm, dann sollte sie hier sofort raus. Aber wohin? Zettel zu schreiben und ans Fenster zu hängen, gab ihr das Gefühl, alles raus zu schreien an Ungerechtigkeiten.

Mach deine Situation öffentlich!
…und viele Leute lasen diese Zettel und waren empört. Jetzt klingelte es immer öfter an ihrer Tür. Anfangs war sie verwundert, Menschen interessierten sich für ihre Situation. Und sie war überrascht, was bisher als ihre eigene Geschichte erschien, war auf einmal ein ganz übliches Phänomen. Dann wurde es ihr fast zu viel, so oft musste sie immer und immer wieder ihre Geschichte erzählen und immer und immer wieder waren wildfremde Menschen empört. Aber wohin mit der Empörung?

Was tun?
Die Frage war nicht leicht zu beantworten. Man betrat sozusagen Neuland. Der Rechtsstaat ließ es zu, aber die Zwangsräumung blieb so haarsträubend ungerecht, niemand konnte nach hause gehen und einfach zur Tagesordnung über. Aber man wollte auch N. in ihrer Ratlosigkeit nicht noch mit der eigenen Ratlosigkeit belästigen. Außer Jammern nichts gewesen?

…und so bildete sich eine UnterstützerInnengruppe….
Man fing an, sich außerhalb ihrer Wohnung an einem anderen Ort gemeinsam zu treffen und machte das öffentlich; erzählte das weiter und richtete eine Website ein. „Zwangsräumung verhindern“.
AUF EINE MAL KAMEN IMMER MEHR LEUTE MIT ÄHNLICHEN GESCHICHTEN.
Und schnell wurde klar, hier muss was geschehen. Die Politiker hielten Sonntagsreden: „Niemand hat die Absicht usw usf.“ Aber hörte man länger hin, griff auch die Meinung um sich, dass wer hier nichts mehr leistet, der kann sich eben die Mieten hier nicht mehr leisten. Aber „Hallo?“ . Da wurde die Wut erst richtig groß. Wer bestimmt eigentlich, wer was leistet? Nur der, der hohe Honorare kassiert? Die UnterstützerInnen hatten eine andere Lebenspraxis.

Protestformen finden
Darum nahmen sie ihre Wut und trugen sie zu den Verantwortlichen. Als erstes der Georg, was der Eigentümer von N. Ist. Sie schrieben ihm einen Brief und forderten ihn auf, die Kündigung zurückzunehmen, denn auch an N. verdiente er schon sehr viel Miete und diese Zwangsräumung, die hatte sie nicht verdient! – Keine Reaktion!

Wünsche zum Eigentümer tragen
Dann machten die UnterstützerInnen eine Kundgebung vor seinem Haus oder Firmensitz. Jeder sollte es wissen, was der Georg für einer ist. Der Georg war zwar nicht da, aber viele Leute blieben stehen und fanden auch, dass Profitgier nicht alles im Leben sein kann.

Politiker anschreiben
Dann besann sich die UnterstützerInnengruppe auf die Zivilgesellschaft und schrieb Briefe an den Abgeordneten ihrer Wahl. Die hatten wie immer viel zu tun. Aber der Christian wurde mit seinen Freunden aus der BioÖkoPartei dann selber aktiv und so kam der Georg aus seiner Deckung und fing an zu reden.

Viele Köche verderben hier nicht den Brei
Vielleicht war es auch der Besuch in einem Dorf, in dem der Georg eines von vier Schlössern leer stehen lässt, die ihm gehören. Wir wollten mal schauen, was dort die Leute für Erfahrungen mit dem Georg haben und hatten die Kamera mit, denn das Dorf war nun wirklich außerhalb von unserem Kiez und wir wollte ja den anderen etwas von unserem Ausflug mitbringen.

Protest soweit das Auge reicht
Vielleicht war es aber auch das KottiCamp und die Lärmdemo, die dem Georg gezeigt hat, auch er ist nicht allein, Gentrifizierung geht uns alle an. Das hat der Georg lange nicht wahr haben wollen. Aber da hatten wir eine Erinnerungsstütze gebastelt auf der stand: Kapitalismus hat viele Namen einer ist Georg. Oder so ähnlich?