PM: Zwangsräumung einer Familie am 8.5. durch die GEWOBAG

Der Familie Mohamed S. und Ngo B. mit ihrem 4-jährigen Kind droht am 8. Mai 2014 die Zwangsräumung durch die städtische Wohnungsbaugesellschaft GEWOBAG.
Der Räumungstitel wurde im Jahr 2011 erwirkt und bezieht sich auf einen 2monatigen Verzug der Mietzahlung, welcher durch die Umstellung auf Grundsicherung entstanden ist. Weitere Mietschulden entstanden, weil das Jobcenter zu wenig Miete zahlte, was erst vor dem Sozialgericht durchgesetzt werden musste. Wenige Tage vor dem ersten Räumungstermin im April 2013 protestierte das Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ und die GEWOBAG setzte die Räumung aus. Im Folgenden wurden zwischen der GEWOBAG und Mohamed Vereinbarungen getroffen. Die Familie hat ihre Miete seitdem pünktlich und regelmäßig gezahlt. Trotzdem setzt die GEWOBAG nun auf die Räumung.

Die Gewobag hat dabei versagt eine tragfähige Lösung für die Mietschulden zu finden. Größere Teile der angefallenen Mietschulden sind dabei längst bezahlt.

Mohamed ist schwerbehindert und chronisch krank. Das Gericht hat einen Räumungsschutzantrag allerdings abgelehnt, weil er seit 2011 Zeit gehabt hätte eine neue Wohnung zu suchen. Das ist besonders perfide, weil die Familie noch vor wenigen Wochen davon ausgehen konnte, in der Wohnung bleiben zu können. Ngo und das 4-jährige Kind werden nach der Räumung vom Vater getrennt und auf Kosten des Bezirks für wenige Wochen in einem Hostel untergebracht. Die Familie wird nach der Räumung im angespannten Wohnungsmarkt in Berlin nur noch schwer eine Wohnung finden und steht vor einer katastrophalen Situation.

Die GEWOBAG hat als städtische Wohnungsbaugesellschaft eine besondere Verantwortung Menschen mit geringen Einkommen eine bezahlbare Wohnung garantieren zu können. Mohamed wohnt seit 36 Jahren in der Wohnung in Charlottenburg-Nord. Auch städtische Wohnungsbaugesellschaften erhöhen kräftig die Mieten, viele Menschen mit geringen Einkommen können dies nicht mehr bezahlen und es kommt zu Mietschulden.

Die GEWOBAG hat im letzten Jahr in 12.000 Fällen die Miete erhöht. Die Berliner Politik verkündete großspurig, dass wenn die Mieterhöhung eine zu große soziale Belastung für die Mieter darstellt, diese Mieterhöhung erlassen werden könnte. Dies wurde Mietenbündnis genannt. In nur 11 Fällen von 12.000 Mieterhöhungen hat die GEWOBAG eine solchen Mietnachlass gewährt und verdient durch die Mieterhöhungen kräftig an der Entwicklung in Berlin auf den Kosten der Menschen mit geringen Einkommen mit.

Die Familie verkörpert ein typisches Problem. Die Mieten in städtischen Wohnungsbaugesellschaften steigen. Wenn auch die Durchschnittszahlen im Bericht des Senates, der am letzten Mittwoch im Bauausschuss vorgestellt wurde, moderat erscheinen, ist es im Einzelfall dramatisch. Wie in diesem Fall, bleiben die Räumungstitel über Jahre bestehen – bekannt sind uns Fälle der WBM und der DEGEWO – um Mieter ständig mit der bevorstehenden Zwangsräumung zu drohen. So auch hier. Häufig unterschreiben die Mieter, um Obdachlosigkeit abzuwenden eine Mietschuld, die vom JobCenter nicht mehr übernommen werden kann, weil auch Verfahrenskosten und hohe Anwaltskosten einfließen.

Was als individuelles Versäumnis erscheint, ist in Wirklichkeit ein strukturelles Problem der Politik. Städtische Wohnungsbaugesellschaften sollen Schulden abbauen und Gewinne machen. Die Geschäftsführer – wie in diesem Fall – haben Monatsgehälter von 250 Tausend Euro und gerettet und finanziert werden vom Land Berlin Banken und Großprojekte wie der BER. Da wird jeder angebliche „Fehler“ verziehen und Geld nachgeschoben. Im Einzelfall des Mieters laufen Schulden auf, weil die Ämter nicht regelmäßig oder zu wenig zahlen und die vermeintlichen Schulden sich anhäufen und vergrößern. Das Drama ist vorprogrammiert und scheinbar nicht abzuwenden.

Dagegen kämpft seit über einem Jahr das Bündnis „Zwangsräumungen verhindern“. NachbarInnen, Betroffene und politische AktivistInnen haben sich zusammen geschlossen, um der Macht von Politik und Kapital etwas entgegenzusetzen: die Solidarität.

Aber wir rufen auch alle Verantwortlichen auf, die Zwangsräumung abzuwenden. Hier geht es um eine städtische Wohnungsbaugesellschaft, die durch politisches Handeln der gewählten Vertreter agiert. Die Parlamentarier im Abgeordnetenhaus haben bereits einen Brief bekommen. Vertreter der Oppositionsparteien fragen bereits nach.

Die Parlamentarier der BVV erhalten ebenfalls die Nachricht der drohenden Zwangsräumung. Am Montag werden mehrere Büros von Abgeordneten besucht und für Dienstag und Mittwoch laufen die Planungen.

Gleichzeitig wird zu einer Blockade am Donnerstag aufgerufen. Aber die Blockade ist nur das letzte Mittel des Protestes. Wir setzen auf die Einsicht aller politische Verantwortlichen. Die Familie darf nicht durch eine städtische Wohnungsbaugesellschaft geräumt werden, weil es keine Alternativen zur Obdachlosigkeit gibt und die ist nicht nur teurer, sondern menschenunwürdig. Gerade läuft in Berliner Kinos der Film „Mietrebellen“, in dem Rosemarie F. gedacht wird. Sie starb zwei Tage nach der Zwangsräumung. Ihr Andenken ist uns Verpflichtung, diese Zustände zu ändern.

Sarah Walter vom Bündnis „Zwangsräumung verhindern“ meint: „Der Familie droht nach der Zwangsräumung eine absolute Katastrophe. Der Vater ist schwerbehindert und geschwächt, wir haben Angst um sein Leben. Auch für das kleine Kind wird die Räumung und erzwungene Trennung vom Vater ein traumatisches Erlebnis. Die GEWOBAG ist als städtische Wohnungsbaugesellschaft besonders in der Pflicht auch für Menschen mit wenig Geld Wohnungen bereitzustellen und nicht nach Unstimmigkeiten direkt räumen zu lassen. Der Berliner Senat ist direkt verantwortlich für diese menschenfeindliche Praxis.“