Pressemitteilung Bündnis Zwangsräumung verhindern und Basta! Erwerbsloseninitiative Berlin vom 24.4.15: Aktion gegen Zwangsräumungen im Jobcenter Neukölln: Goldener Knüppel verliehen
Heute Vormittag besetzten ca. 60 Menschen den Eingangsbereich des Jobcenter Neukölln, um den goldenen Knüppel als Preis für das mieter_innenfeindlichste Jobcenter der Stadt zu enthüllen.
Hintergrund der Aktion ist die gestern veröffentlichte Studie der Humboldt-Universität zu Zwangsräumungen in Berlin. Die Studie zeigt, dass das Jobcenter Neukölln an vielen Zwangsräumungen mitschuldig ist. Eine Mitarbeiterin des Jobcenters äußerte in einem Interview, dass sie sich bei manchen Mietschuldner*innen die Einführung der Prügelstrafe wünschen würde.
Der goldene Knüppel wurde zunächst den Passant_innen vor dem Kindl-Boulevard in der Hermannstraße präsentiert. Anschließend zog der Protest zum Eingangsbereich des Jobcenters, wo der Knüppel feierlich enthüllt wurde. Dabei wurde ein großes Transparent an der Ballustrade des Jobcenters aufgehangen, Konfetti geworfen, Flugzettel verteilt und lautstark Parolen gerufen. Auf Schildern war zu lesen „Jobcenter Neukölln = Entwürdigung“ oder „Jobcenter Neukölln = Verdrängung“. Ein Redebeitrag informierte über die Rolle des Jobcenters im Zusammenhang mit Zwangsräumungen und Verdrängung. Clowns begleiteten die Aktion.
Das Jobcenter Neukölln lehnt in 85 Prozent der Fälle eine Mietschuldenübernahme ab und verhindert so ein Abwenden von Zwangsräumungen. Das ist in Berlin der absolute Spitzenwert. Auch verursacht das Jobcenter Zwangsräumungen, indem es Mietzahlungen an ALG II-Bezieher*innen zu spät leistet und so Mietschulden entstehen. Auch Sanktionen und Überweisung auf falsche Konten führen zu Zwangsräumungen.In Neukölln wird das Hilfesystem durch die restriktive Haltung des Jobcenters damit völlig ausgehebelt. So werden immer mehr Menschen wohnungslos: Von 2011 auf 2013 verdoppelte sich in Neukölln die Anzahl der Menschen, die „ordnungsrechtlich“ untergebracht werden mussten. Zwangsgeräumte finden keine Wohnungen mehr und werden in Hostels, Ferienwohnungen oder Obdachlosenunterkünften untergebracht. Diese Unterbringung ist zum einen teuer und zum anderen häufig menschenunwürdig. Familien werden getrennt, Betroffene sollen sich teilweise alleine Hostelplätze suchen.
Der Bezirk Neukölln hat die Aufgabe, Obdachlosigkeit zu vermeiden. Stattdessen drangsaliert das Jobcenter Menschen mit geringen Einkommen, verhindert Mietschuldenübernahmen und macht damit direkt Zwangsräumungen möglich. Das Hilfesystem in Neukölln versagt auf ganzer Linie.
Aber auch der Berliner Senat hat keine Strategie gegen die wachsende Zahl von Zwangsräumungen und die dramatische Situation von Menschen mit geringen Einkommen. Er setzt auf hochpreisigen Neubau und lässt auch die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften die Mietpreisspirale weiter antreiben.
Gegen Verdrängung und die unsoziale Praxis des Jobcenters wehren sich nun schon seit einigen Jahren viele stadt- und sozialpolitischeInitiativen. Das Bündnis „Zwangsräumung Verhindern“ konnte durch Aktionen und öffentlichen Druck schon viele Räumungen verhindern. Die Erwerbslosenintitiative BASTA aus Berlin Wedding kämpft erfolgreich gegen die kleinen und großen Zumutungen im Jobcenteralltag. Die Initiative hat ein eindrückliches Beispiel für die direkte Verantwortung des Jobcenters für die Zwangsräumung einer Mieterin dokumentiert und u.a. mit eine Demo durch das Jobcenter Pankow die Jobcenter für Verdrängung in die Pflicht genommen (siehe unten). Seit einigen Tagen werden Unterschriften für einen Mietenvolksentscheid gesammelt, welcher im Bereich der städtischen Wohnungsbaugesellschaften konkrete Schritte für „Wohnraum für alle“ durchsetzen will. Das Bündnis Zwangsräumung verhindern unterstützt diese Intitiative.
Weitere Informationen:
Aktuellstes Beispiel einer vom Jobcenter verursachten Räumungsklage beim Bündnis Zwangsräumung Verhindern: http://zwangsraeumungverhindern.blogsport.de/2014/12/24/zwangsraeumung-von-mutter-mit-drei-kindern-in-tempelhof-verhindern/ (Anmerkungen: Die Zwangsräumung konnte verhindert werden, indem durch mehrere Protestaktionen beim Bezirk eine neue Wohnung erkämpft wurde)
Dokumentation eines Beispiels einer vom Jobcenter verursachten Zwangsräumung durch die Initiative BASTA: http://basta.blogsport.eu/2014/12/10/zwangsraeumung-verhindert/
Aktion von BASTA im Jobcenter Pankow:
http://basta.blogsport.eu/2013/09/26/erfolgreiche-aktion-im-jobcenter-pankow/
Mitteilung der Erwerbsloseninitiative BASTA zu Zwangsräumungen: http://basta.blogsport.eu/2015/03/10/ein-olympiastadion-voller-zwangsraeumungen-nein-zum-jobcenter-nein-zu-olympia/
Bündnis Zwangsräumung Verhindern
BASTA! Erwerbsloseninitiative Berlin
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