Die Gerichtsvollzieherin hatte sich für Mittwoch, den 15.8.2018, 11.00 Uhr in der Kiefholzstraße 8 in 12435 Berlin angekündigt um einen Mieter zwangszuräumen. Kurz vorher erreichten ca. 70 Nachbar*innen und Aktivist*innen des Bündnis Zwangsräumung verhindern das Haus. Dort trafen sie auf eine Vertreterin der Hausverwaltung und den Schlüsseldienst. Da die Hausverwaltung sich nicht auf Gespräche einliess wurden kurzerhand beide Hauseingänge blockiert.
Die Hausverwaltung informierte die Gerichtsvollzieherin und diese die Polizei. Diese traf erst mit einem Polizeibus ein und forderte angesichts der Blockierenden weitere Einsatzkräfte an. Diese trafen nach und nach ein, am Ende waren ungefähr 6 Einsatzfahrzeuge und 60 Polizisten vor Ort. Diese sperrten die Straße in beide Richtungen und behinderten selbst Pressevertreter am Betreten.
Weitere Gesprächsversuche mit der Hausverwaltung und der Gerichtsvollzieherin scheiterten an deren Hartherzigkeit. Auch der Hinweis, dass die soziale Wohnhilfe am Morgen bei dem Mieter war, und sich um eine Wohnung kümmern wollte, half nicht. Beide bestanden vehement auf der Räumung.
Gegen 14 Uhr forderte der Einsatzleiter die Blockierenden auf den Weg zur Zwangsräumung freizumachen. Andernfalls würden sie nach einer Personalienfeststellung Anzeigen wegen Behinderung einer Amtshandlung und Widerstand gegen Polizeibeamte erhalten. Die Blockierenden lehnten es ab die Hauseingänge frei zu machen. Daraufhin verhandelte der Einsatzleiter mit Hausverwaltung und Gerichtsvollzieherin.
Anscheinend ergebnislos, da er ein weiteres Mal das Ende der Blockade forderte. Auf Wunsch des Mieters, der Repressalien der solidarischen Nachbar*innen und Aktivist*innen vermeiden wollte und dessen Hauptanliegen es war Öffentlichkeit bei der Zwangsräumung herzustellen, wurde die Blockade aufgelöst. Die Polizei griff trotzdem die abziehenden Leute an und es kam zu zwei kurzzeitigen Festnahmen. Die Zwangsräumung wurde dann letztendlich gegen 14.15 Uhr durchgeführt.
Anna Weber vom Bündnis Zwangsräumung verhindern: „Wir freuen uns, dass so viele Leute zur Blockade kamen und sich der Gerichtsvollzieherin entgegenstellten. Auch wenn es heute leider nicht geklappt hat, haben wir in der Vergangenheit gesehen, dass, wenn wir uns solidarisch wehren, wir Zwangsräumungen verhindern können. Wir werden auch weiterhin gemeinsam Zwangsräumungen blockieren!“
Und Tim Riedel vom Bündnis ergänzt: „Wie überall in Berlin tobt auch, im einst verschlafenen Kunger-Kiez, seit einigen Jahren die Aufwertung und Verdrängung. Aber auch hier organisieren sich Nachbar*innen und schon seit langer Zeit gibt es hier verschiedene Initiativen, die sich gegen hohe Mieten wehren. Mit unserem solidarischen Kampf setzen wir auch rechter Hetze und Spaltung unsere Idee einer Stadt für Alle entgegen.“
Zum Hintergrund
Frank wohnt seit 2004 in der Kiefholzstr. 8 in 12435 Berlin. 2015 wurde das heruntergekommene Haus an die ERNO Verwaltungsgesellschaft mbH & Co. KG aus Hamburg verkauft. Diese nahm einige Reparaturen vor, vieles blieb aber auch in schlechtem Zustand. So ist die Heizung in der Küche defekt, die Böden und das Bad sind reparaturbedürftig, die gesamte Wohnung ist allgemein in einem schlechten Zustand. Trotzdem wollte der neue Eigentümer die Miete erhöhen. Dem stimmte Frank nicht zu und wurde verklagt. Der Klage wurde durch ein Versäumnisurteil Recht gegeben als Frank länger in Urlaub war. Wären die Schäden in der Wohnung beseitigt worden, hätte Frank der Mieterhöhung zugestimmt. Da dies nicht passierte bezahlte er die alte Miete und wurde fristlos und fristgerecht gekündigt. Die fristlose Kündigung konnte er durch Zahlen der Mietschulden abwenden, die fristgerechte jedoch nicht. Dies führte zu einem gerichtlichen Räumungsurteil.