Wir haben mit einer simplen Aktion bei einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Wohnungen für von Zwangsräumung Betroffene bekommen. Das liegt wohl daran, daß der Senat momentan keine Eskalation will, wenn es um die Versorgung mit Wohnungen geht. Ein guter Zeitpunkt für soziale Bewegungen jetzt konkret was rauszuholen. Aber lest selbst und macht 1,2,3, viele Aktionen.
Wir beschreiben hier eine Aktion und hoffen, daß sie Nachahmung findet. Unabhängig davon, wie man den Gesetzentwurf im Verhältnis zu den Zielen des Mietenvolksentscheids einschätzt und auch unabhängig davon, wie man dazu steht, wie er zustande gekommen ist, ist er nun doch eine Realität in der politischen Konjunktur der Stadt. Der Senat hat seit geraumer Zeit das Interesse, die sicher immer mehr zuspitzenden Probleme bei der Versorgung mit Wohnraum nicht eskalieren zu lassen. Diese Probleme werden sich mit der weiterhin anwachsenden Bevölkerung Berlins weiter verschärfen. Gegenwärtig geht es offenbar darum, den schönen Schein des sozialen Kompromisses mit dem Mietenvolksentscheid nicht trüben zu lassen und es tut sich ein kleines Zeitfenster auf, in dem soziale Bewegungen Forderungen nach Wohnraum im Einzelfall leichter durchbringen können. Diese Chance sollte unseres Erachtens genutzt werden. Das löst selbstverständlich keines der sozialen Probleme, die mit dem mangelnden Wohnraum verbunden sind, ermöglicht aber vorübergehend sozialen Bewegungen zu zeigen, dass Druck von unten etwas Konkretes bewegen kann und für Einzelfälle auch klar zu deren Besseren.
Am Mittwoch, den 7. Oktober 2015 ging eine Gruppe um 10:15 aus dem Bündnis Zwangsräumung verhindern! mit Unterstützung befreundeter Personen, insgesamt etwa 12 Personen, zur DEGEWO (landeseigene Wohnungsbaugesellschaft) um einen offenen Brief an den Vorstand zu übergeben. Die anderen sechs Landeseigenen bekamen denselben Brief per E-Mail.
In dem offenen Brief geht es um den Fall der zu diesem Zeitpunkt in nur einer Woche bevorstehenden Zwangsräumung von Andrea und Tobias aus ihrer Wohnung in Tempelhof. Die privaten Vermieterinnen ließen sich bisher leider nicht zu einer Rücknahme der Zwangsräumung bewegen, trotz vieler Aktivitäten von befreundeten Gruppen aus Köln gegen die dort wohnenden Vermieterinnen und auch Aktionen in Tempelhof selbst.
Der Brief bezieht sich zum einen auf das soziale Image, das sich die Berliner landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften in ihrer Selbstdarstellung und etwa durch ihre Teilnahme am Programm „Soziale Stadt“ geben, während sie auf der anderen Seite z.B. gemessen an der Zahl an Wohnungen, die sie in Berlin vermieten, überproportional häufig zwangsräumen lassen.
Vor allem bezieht sich der offene Brief aber auf den vom Berliner Senat in Reaktion auf den Mietenvolksentscheid ins Abgeordnetenhaus eingebrachten Gesetzentwurf, der u.a. vorsieht, dass die Landeseigenen 11% ihrer Neuvermietungen an „Obdachlose, Flüchtlinge, betreutes Wohnen und vergleichbare Bedarfsgruppen“ vergeben sollen und dass dabei eine negative Schufa-Auskunft allein kein Ablehnungsgrund sein soll. Da der Gesetzentwurf vom Senat eingebracht wurde, der von einer großen Koalition getragen wird, ist davon auszugehen, dass er vom Abgeordnetenhaus angenommen und ab 1.1.2015 gültig wird.
Der offene Brief nimmt nun die Landeseigenen „beim Wort“ ihrer sozialen Selbstdarstellung und des Gesetz(entwurfs) und fordert sie auf Andrea und Tobias eine Wohnung zu stellen.
Vor dem Gebäude der DEGEWO stellten wir fest, dass kurz zuvor eine nächtliche Farbattacke mit rosa Farbe auf den verglasten Eingang der DEGEWO verübt worden war, es waren gerade Arbeiter Dabei, sie mit Hochdruckstrahlern zu entfernen. Wir mussten deswegen zum Seiteneingang rein.
Offenbar waren MitarbeiterInnen der DeGeWo durch die Farbattacke sensibilisiert, so dass wir beim Ankommen sofort gesehen wurden und Frau Sünder, die Leiterin der Abteilung Kommunikation der DEGEWO wie auch Security, benachrichtigt wurden.
Frau Sünder war innerhalb innerhalb einer Minute im Foyer. Sie war überaus freundlich und professionell. Nein, leider sei der Vorstand gerade in München, bei einer Ausstellungseröffnung.
Der Brief, mit dem wir den Landeseigenen und dem Senat auf den Zahn fühlen wollen was die schönen Worte von der Sozialen Stadt und dem Zugehen auf die Forderungen des Mietenvolksentscheid denn wert sind- fordert die Landeseigenen dazu auf, Andrea und ihrem Sohn eine Wohnung zu geben, damit sie nach der Zwangsräumung am 14.10. nicht unter der Brücke schlafen müssen.
Auch ein weiterer Betroffener übergab ein Schreiben, in dem er um einen gemischt nutzbaren Gewerberaum nachfragt, weil ihm die Zwangsräumung droht – wie schon so oft in den letzten Jahren.
Frau Sünder versprach, die Briefe weiter zu leiten und eine Antwort. Das Ganze war nach wenigen Minuten erledigt, und verlief sehr freundlich. Sie habe unsere letzte Begegnung in „angenehmer Erinnerung“.
Das Ganze war in einer 1/4 Stunde vorüber, der Vorbereitungsaufwand hielt sich in Grenzen. Noch am selben Tag kam ein Anruf, wo die beiden Zwangsräumungsbedrohten denn gerne wohnen möchten und schon bis zum Tag darauf war klar, dass die landeseigene Wohnungsbaugesellschaft „Stadt und Land“ wohl in Absprache mit der DeGeWo, Andrea und Tobias eine Wohnung anbieten würde. Inzwischen ist das auch geschehen. Die Zwangsräumung ist verschoben, der Räumungstermin am 14.10. aufgehoben.
Es gibt noch bürokratische Hürden, wahrscheinlich, weil die Verwaltung nicht so schnell hinter der Entscheidung des Vorstandes hinterher kommt, aber wir sind guter Dinge, dass sich diese Probleme mit einigem Aufwand auch aus dem Weg räumen lassen werden.
Wir beschreiben diese Aktion hier so ausführlich, weil wir meinen, dass diese Aktion Nachahmung verdient. Unabhängig davon, wie man den Gesetzentwurf im Verhältnis zu den Zielen des Mietenvolksentscheids einschätzt und auch unabhängig davon, wie man dazu steht, wie er zustande gekommen ist, ist er nun doch eine Realität in der politischen Konjunktur der Stadt. Der Senat hat seit geraumer Zeit das Interesse, die sicher immer mehr zuspitzenden Probleme bei der Versorgung mit Wohnraum nicht eskalieren zu lassen. Diese Probleme werden sich mit der weiterhin anwachsenden Bevölkerung Berlins weiter verschärfen.
Gegenwärtig geht es offenbar darum, den schönen Schein des sozialen Kompromisses mit dem Mietenvolksentscheid nicht trüben zu lassen und es tut sich ein kleines Zeitfenster auf, in dem soziale Bewegungen Forderungen nach Wohnraum im Einzelfall leichter durchbringen können. Diese Chance sollte unseres Erachtens genutzt werden. Das löst selbstverständlich keines der sozialen Probleme, die mit dem mangelnden Wohnraum verbunden sind, ermöglicht aber vorübergehend sozialen Bewegungen zu zeigen, dass Druck von unten etwas Konkretes bewegen kann und für Einzelfälle auch klar zu deren Besseren.